Vimāna Vatthu

37. (III,9): Die Großaugige

Nach dem Tode des Buddha hatte König Ajātasattu in seiner Hauptstadt Rājagaham eine Gedenkstätte (Stupa) mit den Reliquien des Buddha errichtet. Die Tochter eines Blumenbinders in Rājagaham, namens Sunandā, eine Laienanhängerin des Erwachten, war eine Stromeingetretene. Die täglich von ihres Vaters Haus geschickten Blumen widmete sie dem Stupa, aber am Feiertag (Uposatha), brachte sie selber mit Blumen und Düften dem Andenken des Erwachten ihre Verehrung dar.

Später erkrankte sie und starb. Sie wurde wiedergeboren als eine Dienerin Sakkos, des Götterkönigs. Als Sakko eines Tages im Park Cittalatā mit den Göttinnen weilte, wandte er sich also an Sunandā:

 

Sakko:

Wer bist du, Großäugige denn

hier in dem Cittalatā-Wald?

Umgeben bist du ringsherum

von einer großen Frauenschar. (662)

 

Die Dreiunddreißig Götter, wenn

sie diesen Wald betreten hier

mit ihren Wagen und Gespann,

sie alle werden bunt im Schein. (663)

 

Du aber, wenn du hierher kommst

und in dem Parke dich ergehst

bei dir wird nicht der Körper bunt.

Wie kommt's, daß deine Form so bleibt?

Ich frage, Göttin, also dich:

Von welchem Wirken ist's die Frucht? (664)

 

Göttin:

Das Wirken, Götterkönig, das

mir diese Form und Fährte schuf,

die magisch Macht und große Pracht

das höre du, der Mauern stürzt: (665)

 

Im lieblichen Rājagaham

als Jüng'rin hieß Sunandā ich,

vertrauensvoll, tugendbewährt

erfreut ich mich am Geben stets. (666)

 

Gab Kleidung und auch Essen gern,

gab Sitz und Lager und auch Licht,

mit heiterem Gemüte stets

an die, die aufrecht grade sind. (667)

 

Bei Vollmond und bei Neumond auch,

bei jedem Halbmondsfeiertag

und auch beim außerord'lichen

die acht Gebote hielt ich ein.

So feiert ich den Feiertag,

die Tugenden hielt ein ich stets. (668)

 

Vom Töten hielt ich ferne mich,

vom Lügen hielt ich mich zurück,

vom Stehlen auch vom Ehebruch

und trank nichts, was berauschen kann. (669)

 

Fünf Übungsschritte freuten mich

der edlen Wahrheit eingedenk,

war ich Anhäng'rin Gotamos

und dabei ernsten Sinnes stets. (670)

 

Die Dienerin vom Vaterhaus

bracht täglich Blumenschmuck für mich.

Den widmet dem Erhabnen ich

den Stupa schmückt ich stets damit. (671)

 

Am Feiertage aber ich

holt Blumen, Düfte, Salben selbst,

legt nieder sie beim Stupa dann

mit eigner Hand und heitrem Sinn. (672)

 

Das Wirken, Götterkönig, das

mir diese Form und Fährte schuf,

die magisch Macht und große Pracht,

die kam durch diese Blumen mir. (673)

 

Von dem, was Tugend bringt an Lohn

und wovon Reife steht noch aus,

da meine Hoffnung, Götterfürst,

geht auf die Einmalwiederkehr. (674)

 

Bemerkungen:

Die "Großäugige" als Schönheitsbezeichnung auch in J 514 p. 40. Sunandā war verheiratet und hatte den Stromeintritt verwirklicht, war im Geben, in der Tugend, der Herzensläuterung und im Verständnis der Lehre gefestigt. Nach dem Tode des Buddha schenkte sie die Blumen, die ihr Vater ihr täglich schickte, sofort weiter, indem sie sie dem Stupa widmete. An den Feiertagen aber kaufte sie selber Blumen, Düfte, Salben und legte sie dort nieder. Das geschah wenige Monate lang, dann starb sie. Ihre Geschichte wurde von Vangīso dem ersten Konzil vorgelegt, das ein halbes Jahr nach dem Tode des Buddha bei Rājagaham stattfand.

Im Himmel überstrahlt der Glanz des Cittalatā-Parks die anderen Götter, aber Sunandās Eigenglanz war stärker und blieb von dem äußeren bunten Licht unbeeinflußt.

Die eigentliche Ernte ihres guten Wirkens aber wird sich als Einmalwiederkehr zeigen.


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