Vimāna Vatthu

30. (III,2): Die Spenderin von Zuckerrohr

Eines Tages kam Mahāmoggallāno auf dem Almosengang zu einem Haus in Rājagaham. Eine junge Frau gab ihm da ein Stück Zuckerrohr, das er aß und weiterging. Das Stück hatte der Schwiegermutter der Frau gehört, und diese war nun wütend, daß sie nicht gefragt worden war. Im Zorn ergriff sie einen Stuhl und warf ihn nach ihrer Schwiegertochter. Diese wurde so unglücklich getroffen, daß sie auf der Stelle tot war und bei den Dreiunddreißig erschien. Noch in derselben Nacht zeigte sie sich Moggallāno auf dem Geierkulm, den sie mit ihrem Glanz erhellte. Sie grüßte ihn ehrfürchtig und stellte sich zur Seite hin. Da wandte er sich an sie:

 

Moggallāno:

Den Erdkreis mit der Götterschar erhellst du,

du strahlest gleichwie Sonne und der Mond

durch Glück und Schönheit, Ruhm und Glut, wie Brahma

über Götterkönig samt den Dreiunddreißig. (292)

 

Ich frage dich, die Lotoskränze schmücken

am Kopfe, von der die Haut so gülden glänzt,

die da geschmückt mit schönster Kleider Zier:

Wer bist du, schöne Göttin, die mich grüßt? (293)

 

Was für ein Wirken hast gewirkt du einstmals,

als Mensch du warst in der Geburt, der letzten?

Gabst Gaben? Hast in Tugend dich gezügelt?

Wodurch kamst du auf gute Fährte ruhmvoll?

Befragt o Göttin, sage mir, welch Wirken ist dir wohl gereift? (294)

 

Göttin:

In eben diesem Ort kamst du, o Herr,

auf deinem Bettelgang zu unserm Haus.

Da gab ich dir vom Zuckerrohr ein Stück

mit heitrem Herzen, unermeßlich jubelnd. (295)

 

Die Schwiegermutter später naht sich mir:

"Wo ließt du, Schwiegertochter, denn mein Zuckerrohr?"

"Ich warf es weder fort noch aß ich's selber,

gestilltem Mönche hab ich es gegeben." (296)

 

"Wer hat hier was zu sagen, he? Du oder ich?"

So machte Vorwürfe die Schwiegermutter mir,

ergriff da einen Stuhl und gab mir einen Schlag.

Ich starb daran, und jetzt bin eine Göttin ich. (297)

 

Das heilsam Wirken, das einst ward getan von mir,

das Werk, das Wohl aufziehet, das genieße ich.

Mit Göttern pfleg vertrauten Umgang ich,

an fünf der Wunschgenüsse hier erfreu ich mich. (298)

 

Das heilsam Wirken, das einst ward getan von mir

das Werk, das Wohl aufziehet, das genieße ich

Der Götterkönig schützt, die Dreißig hüten mich

mit Wunschgenüssen fünf bin reichlich ich versehn. (299)

 

So ist die Frucht von dem Verdienst nicht wenig

Ich gab nur Zuckerrohr, doch bracht es Reife groß.

Mit Göttern pfleg vertrauten Umgang ich

an fünf der Wunschgenüsse hier erfreu ich mich (300)

 

So ist die Frucht von dem Verdienst nicht wenig

Die Gabe "Zuckerrohr" erstrahlet mächtig groß.

Der Götterkönig schützt, die Dreißig hüten mich

bin wie der Tausendäugige im Wonnehain. (301)

 

Dir, Herr, der du mitleidig weise bist

bin ich genaht, fragt dich nach dem, was heilsam ist,

dann gab ich dir ein Stückchen Zuckerrohr

mit heitrem Herzen, unermeßlich jubelnd. (302)

 

Bemerkungen:

Der Text verweist auf Nr. 29 und gibt nur die geringen Unterschiede an. Wenn in Vers 295 vom Dorf (gāmo) die Rede ist, dann versucht der Kommentar, dies damit zu erklären, daß die Reichshauptstadt Rājagaham ein großes Dorf sei.

Die Dreißig in Vers 299 sind, metri causa, wie oft, die Dreiunddreißig Götter. Der Tausendäugige (301) ist ein Beiname Sakkos.

Über die Gabe war die Frau so entzückt, daß sie jubelte (295, 302), aber im Himmel freut sie sich nur (298, 300). Da zeigt sich der Unterschied zwischen bloßer sinnlicher Freude (modati) und geistigem Entzücken über ein gutes Werk (pīti). Es heißt "mit heitrem Herzen unermeßlich jubelnd" (pasanna-citta a-tulāya pitiyā).

In Vv Nr. 48 kommt noch einmal dieselbe Geschichte vor, nur statt Stuhl Erdklumpen. Von einer Gabe Zuckerrohr handelt auch Pv IV,5. Dort wird es widerwillig gegeben, was zu einer gehobenen Gespensterweit führt. Hier wurde es mit pīti gegeben, was zum Himmel führt.


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