Vimāna Vatthu

21. (II,4): Die Kastenlose

Als der Erwachte in Rājagaham weilte, überblickte er am Morgen mit Barmherzigkeit die Welt. Da sah er eine uralte Kastenlose, die im Viertel der Kastenlosen in Rājagaham wohnte, deren Lebensspanne zu Ende ging und die eine zur Hölle führende Tat getan hatte. Um sie vor der Hölle zu retten und ihr den Weg zum Himmel zu bahnen, begab er sich mit seinen Mönchen auf den Almosengang auf dem Weg zur Stadt. Da kam die Alte, auf ihren Stock gestützt, gerade aus der Stadt. Als sie den Erhabenen gesehen, blieb sie stehen. Und auch der Erhabene blieb stehen. Als der ehrwürdige Mahāmoggallāno die Absicht des Erhabenen erkannt hatte, wandte er sich wie folgt an die Frau:

 

Die Füße Gotamos, voll Ruhm,
mögst, Kastenlose, du verehrn.
Allein aus Mitleid mit dir hielt
der höchste Seher bei dir an. (194)
 
Wend heiter deinen Geist ihm zu,
wie's einem Heiligen gebührt,
begrüß ihn mit dem Handgruß schnell,
denn deine Lebenszeit sich neigt. (195)

 

Als sie dies hörte, war sie ergriffen und erschüttert von der Todesnähe. Gleichzeitig wurde sie dem Erwachten zugeneigt, grüßte ihn mit der fünffachen Niederwerfung, dann mit dem Handgruß und beugte den Kopf. Große Freude erfüllte sie, so daß sie im Augenblick ganz gesammelt war. "Das genügt für den Himmel", sagte der Erwachte und setzte seinen Gang mit den Mönchen fort. Wenige Augenblicke später nahte sich eine entlaufene Kuh mit einem einjährigen Kalb. Diese fühlte sich bedroht und tötete die Frau mit ihrem Horn.

 

Ermahnt von dem, der selbstlos ist
der seinen letzten Körper trägt
die Kastenlose fiel zu Füß'
dem ruhmesreichen Gotamo. (196)
 
Da tötet eine Kuh sie gleich
wie sie noch mit dem Handgruß stand
sich beugend vor erwachtem Herrn,
der da den Blinden Licht verleiht. (197)

 

Sie wurde bei den Göttern der Dreiunddreißig wiedergeboren. Noch am gleichen Tage kam sie mit ihrem Vimāna zur Erde, stieg heraus und wandte sich an den ehrwürdigen Mahāmoggallāno:

 

Göttin:

Den Triebversiegten ohne Fehl und Regung
der abgeschieden einsam sitzt im Wald,
den mächt'gen Helden ja, den grüß ich
nachdem ich göttlich magisch Macht erlangt. (198)

 

Moggallāno:

Gar gülden strahlend bist du ruhmvoll
von dem Vimāna, der geschmückt, gestiegen,
umgeben auch von einer Nymphenschar.
Wer bist du, schöne Göttin, die mich grüßt? (199)

 

Göttin:

Die Kastenlose bin ich, Herr,
von dir veranlaßt, starker Held,
fiel ich zu Füßen Gotamo
dem Heil'gen, der da voller Ruhm. (200)
 
Nachdem ich also ihn verehrt
schied ich vom Kastenlosen-Schoß,
im Wonnehain erschien ich dann,
in dem Vimāna allwärts schön. (201)
 
Der Nymphen Hunderttausende,
die stehen mir zu Diensten nun
sie überrage vielfach ich
an Schönheit, Ruhm und Lebenskraft. (202)
 
Nachdem ich trefflich hab gewirkt,
ganz klarbewußt, ganz eingedenk,
da grüße ich den Muni nun
der sich der ganzen Welt erbarmt. (203)
 
Sprecher:
Die Kastenlose also sprach,
voll Dankbarkeit, erkenntlich auch
zu Füßen grüßt den Heiligen
und dann entschwand sie alsogleich. (204)

 


Bemerkungen:

Die Frau hatte momentan dank ihrer Begeisterung (pīti) eine Vertiefung erlangt, war ganz nach innen gesammelt, voller Jubel. In diesem Zustand tötete die Kuh sie. Von einer Kuh getötet zu werden, kommt öfter als Todesursache vor (M 140, Ud I/10, Ud V/3).


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