Theragāthā - Siebener-Bruchstück

Sundara-Samuddo

459
GAR schön bekleidet, schön beputzt,
Bekränzt mit Blumen, reich geschmückt,
Die Füße rosig aufgefärbt,
Pantoffelklappernd kam sie her,
 
460
Die Dirne, warf die Sockeln ab
Und kniet' im Staube vor mich hin,
Und sanft und süß entbot sie Gruß,
Und zu mir lächelnd sprach sie dann:
 
461
«So jung hast du der Welt entsagt,
O weile, komm' in meinen Dienst!
Genieße froh des Lebens Lust,
Ich lass' dir freudig Geld und Gut.
 
462
«Die Wahrheit will ich weisen recht,
Ein Licht dir zünden leuchtend an:
Wenn einst das Alter beide beugt,
Als Stütze nur den Stab uns läßt,
Dann wollen beide pilgern wir,
Das Spiel gewinnen doppelt so!»
 
463
Da sah ich sie, die flehend bat,
Die Buhlerin zu Füßen mir,
Gar schön bekleidet, schön beputzt,
Wie schlau der Tod die Schlinge legt,
 
464
Und gründlich ward ich aufgemischt,
Ergriffen innig im Gemüt:
Das Elend sah ich offenbar,
Den Unrat ragen rings umher.
 
465
Und alle Fesseln fielen ab -
O sieh' wie stark die Lehre wirkt -
Das Wissen ging mir dreifach auf,
Das Meisterwort, es war erfüllt.

Bhaddiyo der Zwerg

466
Wo drüben wilder Mango blüht,
Am Waldesraine ruht ein Mönch:
Entwurzelt hat er allen Wahn,
Übt selig Schauung, selbstvertieft.
 
467
Man lobt der Trommel Trommelschlag,
Den Sang der Laute, Paukenklang:
Im Schatten sitzend baumbeschirmt,
Da lob' ich mir das Meisterwort.
 
468
Der Meister schenke Bestes mir
Und wahren will ich sein Geschenk:
O daß ich immer, überall
Gedenke was der Körper gilt!
 
469
Wer forschend meine Form ermißt,
Die Stimme prüfend hat erprobt:
In Wunschesbann, in Willensbann
Erfährt er nimmer was ich bin.
 
470
Nach innen kann er nichts verstehn,
Nach außen kann er sehen nichts:
Der Tor, verschleiert ganz und gar,
Der wird von Stimmen jäh bestimmt.
 
471
Nach innen kann er nichts verstehn,
Nach außen sieht er weit umher,
Nach Außenlohn verlockt es ihn:
Auch Den bestimmen Stimmen bald.
 
472
Nach innen kennt er selber sich,
Nach außen sieht er weit umher:
Der Seher, der entschleiert geht,
Der wird von Stimmen nicht bestimmt.

Bhaddo

473
EIN einzig Kind, der einz'ge Sohn,
Der Eltern Liebling war ich einst,
Gar mannigfach gepflegt, gewiß,
Gewiß gar mannigfach gehegt.
 
474
Und mitleidvoll für mich bedacht,
Mein Glück und Wohl ersehnend heiß,
Zog aus mit mir das Elternpaar
Und führte mich zum Meister hin.
 
475
«Nicht leicht gelingt ein solcher Sohn,
Erzogen zart, erzogen sanft:
Den geben wir in deine Huld,
Dem Sieger soll er dienen, Herr!»
 
476
Und wirklich nahm der Herr mich auf,
Ānando'n winkend sprach er so:
«Belehn' ihn mit der Kutte denn,
Er wird ein Auserwählter sein.»
 
477
Und als ich war belehnt von Ihm,
Da ließ der Sieger mich allein -
Und vor dem letzten Abendstrahl
War jede Fessel abgestreift.
 
478
Da kam der Meister rüstig an,
Im Dämmer, nach der Tagesruh':
«Willkommen, Bhaddo!», sprach der Herr,
Gab also mir den Weihegruß.
 
479
Im achten Jahre stand ich erst
Als ich den Weihegruß empfing,
Drei Wissenschaften wohl erschuf:
O Wunder, was die Wahrheit wirkt!

Sopāko (II)

480
IM Schatten sah ich der Bastei
Den Höchsten wandeln auf und ab,
An seine Seite trat ich hin,
Begrüßte froh den größten Mann.
 
481
Den Mantel streift' ich rechts zurück,
Die Hände streckt' ich faltend aus,
Dem Reinen folgt' ich Schritt um Schritt,
Dem höchsten Wesen aller Welt.
 
482
Da stellt' er manche Frage mir,
Der Kenner, der die Fragen kennt:
Und unverschüchtert, ohne Scheu,
Erklärt' ich was der Meister frug.
 
483
Beschieden hatt' ich frisch und frei,
Befriedigt schien der höchste Held;
Betrachtend seiner Jünger Schar
Hob also er zu reden an:
 
484
«Bengālen Heil, Heil Magadhā, -
Wo dieser wandelt, dieser lebt,
Und Kleidung, Speise, Lagerstatt,
Die Notdurft findet, die er braucht,
Geachtet wird und wohl geehrt:
Gesegnet sind sie!», sprach der Herr.
 
485
«Schon heute bist du, holder Sohn,
Hierher gekommen, mich zu sehn:
Empfang' ihn denn auch alsogleich,
Sopāko, meinen Weihegruß!»
 
486
War sieben Jahre von Geburt;
Geweiht in diesen Orden ein
Verleb' ich nun den letzten Leib:
O Wunder, was die Wahrheit wirkt!

Sarabhango

487
MIT diesen Händen brach ich Rohr,
Und Hütten deckt' ich dann um Brot:
Als 'Röder' war ich wohl gekannt,
Das Röhricht rodend in der Au.
 
488
Das ständ' mir heute übel an,
Daß Rohr ich bräche wie zuvor:
Den Tugendpfad hat Gotamo,
Der hehre Meister, offenbart!
 
490
Den selben Weg, den einst gewandelt Vipassī,
Den selben Weg, den Sikhi kam und Vessabhū,
Kakusandho, Konāgamano, Kassapo:
Die selbe Bahn ist hingegangen Gotamo.
 
491
Von Wahn entwöhnt, von Hang geheilt,
Die sieben Meister, wach, entlebt,
Die rechte Satzung wiesen sie,
Die recht gewesen selber hier,
 
492
Die Wahrheit, heilig, viergeteilt,
Aus Mitgefühl für alle Welt:
Das Leiden, den Beginn, den Weg,
Den Untergang - der Leiden Ziel!
 
493
Wo Leiden ohne Ende blüht
Inmitten wirrer Wandelwelt:
So dieser Leib in Staub zerstiebt,
So dieses Leben lischt hinweg,
Dann gibt es nimmer Wiedersein,
Entwesen bin ich überall.

Mahākaccāyana

Vers 494 - 501 ist dem 4. Band der Buddhistischen Handbibliothek "Sprüche und Lieder" von Kurt Schmidt" entnommen, da die Übersetzung von K.E.Neumanns z.T. recht unverständlich zu sein scheint. Siehe Vers 496. [WG]
 

494
Besorge nicht Geschäfte vieler Art
Und halte Abstand, rede nicht zu viel!
Wer Leckerbissen wünscht und wer geschäftig
Als Glückbringer erscheint, verfehlt sein Ziel.
 
495
In den Familien sich verehren lassen,
Das gilt als unanständig und gemein,
Als feiner Dorn, den man nicht leicht herauszieht.
Schwer ist's, von Pöbelehrung frei zu sein.
 
496
Verantwortlich kann man nicht andre machen
Für böse Tat, die hier ein Mensch getan.
Tu' selber keine, denn es hängt die Tat
Dem Sterblichen wie ein Verwandter an.
 
(Übersetzung von Karl Eugen Neumann)

496
Nicht andrer Raunen, andrer Rat
Läßt Böses hier den Menschen tun:
Er selber kann es bannen, ja,
Von Anfang an der Taten Sohn.
 
497
Nicht ob als Räuber andre dich bezeichnen,
Ob dich die andern einen Weisen nennen -
Nur wie du selbst dich aufführst, das entscheidet,
So werden auch die Götter dich erkennen.
 
498
Die andern sind sich nicht darüber klar,
Daß wir uns selber wohl beherrschen müssen;
Doch jene, die das wohl verstanden haben,
Die wollen hier von Zank und Streit nichts wissen.

(= Dhammapada 6)

499
Auch wenn du lebst und wenn du weise bist,
Kann dein Vermögen dir verloren gchen;
Doch wenn dir Weisheit fehlt, dann lebst du nicht,
Auch wenn dir Reichtümer zur Seite stehen.
 
500
Der Weise hört wohl alles mit dem Ohr,
Auch kann er alles mit dem Auge sehen;
Doch sollte er auf alles dies verzichten,
Als hätt' er's nicht gehört und nicht gesehen.
 
501
Auch wenn er sieht, so sei er doch wie blind;
Wie taub sei er, auch wenn er hören kann;
Und ist er wissend, soll er schweigsam sein;
Bei voller Kraft stell' er als schwach sich an!
Hat er das Ziel erreicht (und kehrt nicht wieder),
Dann lege er sich still zum Sterben nieder.

Sirimitto

502
WER Grimm und Groll verlorcn hat,
Wer List verleugnet, Tücke läßt,
Der ist ein Jünger echter Art,
Der stirbt gestillt und heil dahin.
 
503
Wer Grimm und Groll verloren hat,
Wer List verleugnet, Tücke läßt,
Beständig wachsam, wohl gewahrt,
Der stirbt gestillt und heil dahin.
 
504
Wer Grimm und Groll verloren hat,
Wer List verleugnet, Tücke läßt,
In treuer Tugend wohl bewährt,
Der stirbt gestillt und heil dahin.
 
505
Wer Grimm und Groll verloren hat,
Wer List verleugnet, Tücke läßt,
In treuer Liebe wohl bewährt,
Der stirbt gestillt und heil dahin.
 
506
Wer Grimm und Groll verloren hat,
Wer List verleugnet, Tücke läßt,
In treuer Weisheit wohl bewährt,
Der stirbt gestillt und heil dahin.
 
507
Wer Zuversicht zum Meister faßt
Und recht sie gründet, recht sie stützt,
Und wer da treue Tugend übt,
Ein heilig Labsal, heilig Lob,
 
508
Und wer den Orden innig liebt,
Und wer die Wahrheit wirklich weiß,
Ist wohlversorgt- so sagcn sie -
Er lebt sein Leben nicht umsonst.
 
509
Ja, Zuversicht und Tugendkraft
Und helles Wissen halte fest
Der Weise, diesen Inbegriff
Der Botschaft aller wachen Herrn.

Panthako (I)

510
ALS einst ich sah, zum ersten Mal,
Den Meister, der kein Fürchten kennt,
Ergriffen war ich, tief gerührt:
Den größten Mann, ich fand ihn da!
 
511
Und käme Sirī selber her,
Gehorchend willig jedem Wink:
Wer solchen Meistcr kiesen kann,
Den kümmert keiner Sirī Gunst!
 
512
So ließ ich Weib, so ließ ich Kind
Und Geld und Güter hinter mir,
Zog fort vom Hause, heimatlos,
Als Bettler hin, geschoren kahl.
 
513
In treuer Zucht, in treuer Hut,
Die Sinne zähmend unverzagt,
Dem Auferwachten zugewandt,
Verweilt' ich sicher, unversucht.
 
514
Da kam mich Sehnen sehrend an,
Der Herzenswunsch, so heiß gehegt:
«Nicht eher mag ich sitzen mehr
Bis alle Lebenslust verlischt!»
 
515
Und weil ich rang und weil ich riet -
O sieh' des Mutes Übermacht -
Erschuf ich dreifach Wissen mir,
Erwirkte was der Meister will:
 
516
«Nun weiß ich was ich jeher war,
Das Auge klärt sich himmlisch auf,
Erhaben bin ich, heilig hehr,
Bin abgeschieden, ausgeschält.» -
 
517
Die Nacht verging, das Dunkel wich,
Der neue Tag zog östlich an:
Da war des Lebens Durst gelöscht,
Bereiten durft' ich rechten Sitz.


  Oben  



  Ā