Neun Dinge, ihr Brüder, sind wertzuhalten, neun Dinge auszubilden, neun Dinge zu durchschauen, neun Dinge aufzuheben, neun Dinge bringen Nachteil, neun Dinge bringen Vorteil, neun Dinge sind schwer zu treffen, neun Dinge sind zu erzeugen, neun Dinge sind zu verstehen, neun Dinge sind zu verwirklichen.
«Was für neun Dinge sind wertzuhalten? Neun Dinge, die in gründlicher Achtsamkeit ihre Wurzel haben:
diese neun Dinge sind wertzuhalten (*133).
Was für neun Dinge sind auszubilden? Neun Erfordernisse, die der Reinheit vorangehen:
diese neun Dinge sind auszubilden (*134).
Was für neun Dinge sind zu durchschauen? Neun Orte der Wesen:
diese neun Dinge sind zu durchschauen.
Was für neun Dinge sind aufzuheben? Neun Dinge, die im Durst ihre Wurzel haben:
diese neun Dinge sind aufzuheben.
Was für neun Dinge bringen Nachteil? Neun Fälle von Anstoß:
diese neun Dinge bringen Nachteil.
Was für neun Dinge bringen Vorteil? Neun Fälle Anstoß zu meiden:
diese neun Dinge bringen Vorteil.
Was für neun Dinge sind schwer zu treffen? Neun Arten der Verschiedenheit:
diese neun Dinge sind schwer zu treffen (*135).
Was für neun Dinge sind zu erzeugen? Neun Arten der Wahrnehmung:
diese neun Dinge sind zu erzeugen (*136).
Was für neun Dinge sind zu verstehen ? Neun Warten, eine um die andere: die vier Schauungen, die vier Sphären, die Auflösung der Wahrnehmbarkeit; diese neun Dinge sind zu verstehen.
Was für neun Dinge sind zu verwirklichen? Neun Auflösungen, eine um die andere:
diese neun Dinge sind zu verwirklichen.
So sind das neunzig Dinge, wahre, echte, wirkliche, nicht unwirkliche, unveränderliche, die der Vollendete vollkommen erkundet hat. -
(*133)
Die Ansicht vom Überdruß ist ein kennzeichnendes Merkmal der Satzung: so in der
Mittleren Sammlung am Ende der 74. Rede, der 109. Rede.
(*134)
Die ersten sieben Erfordernisse, die der Reinheit vorangehen, sind im
Gleichnisse von der Eilpost in der 24. Rede der Mittleren Sammlung prachtvoll
veranschaulicht; das letzte Erfordernis allumfassend im Anguttaranikāyo IV No.
194 Ende, wo der heilige Jünger eben durch Ablösung die rechte Erlösung
erreicht.
(*135)
Hierzu die Stelle von der verschiedenartigen Welt, in unserer 21. Rede; zum
ganzen Gedankengang 15. Rede. Schwer zu treffen, schwer zu durchbohren ist die
Verschiedenheit, nānattā; das heißt: schwer zu erwerben ist der
durchbohrende Blick, der alle Verschiedenheit, alle Vielheit der bunten Welt
durchdringt und durchschaut als schillernden Schein des Verstandes, als ein
waberndes Blinken von Natur und Mortur, «Geburt und Grab, Ein ewiges Meer, Ein
wechselnd weben, Ein glühend Leben», wo Sekunde um Sekunde einer geboren wird
und einer stirbt, bei immerwährendem Todesröcheln und Lustgestöhn. - Bei Gotamo
ist im letzten Grunde die Verschiedenheit durchbohren gleichbedeutend mit dem
Ziel das eine zu treffen, worauf alles ankommt das Ende des Leidens. Aus einem
Gespräch mit Anando ist darüber folgende Stelle erhalten, Samyuttakanikāyo ed.
Siam. V 430f. (fehlerhaft PTS vol. V p. 453f.). Der ehrwürdige Anando erzählt
dem Erhabenen, wie er beim Almosengang durch Vesālī viele junge Licchavier vor
der Halle ihres Herrenhauses gesehn habe, die sich da im Bogenschießen übten,
aus weiter Entfernung den Pfeil nach einem Schlüsselloch richteten und ihn,
Schuß um Schuß, durchbrachten, ohne zu fehlen. Bei diesem Anblick habe er sich
gedacht: <Geschickt sind sie, wirklich, diese jungen Licchavier, sehr geschickt,
wahrhaftig, diese jungen Licchavier.> Gotamo aber fragt nun Anando: «Wie denkst
du darüber, Anando, was mag da wohl etwa schwieriger auszuführen, etwa
schwieriger zu erwirken sein: aus weiter Entfernung den Pfeil nach einem
Schlüsselloch zu richten und ihn, Schuß um Schuß, durchzubringen, ohne zu
fehlen; oder eines siebenmal gespaltenen Haares Spitze gegen Spitze zu treffen?»
- «Das wäre wohl, o Herr, gar schwieriger auszuführen und schwieriger zu
erwirken, eines siebenmal gespaltenen Haares Spitze gegen Spitze zu treffen.» -
«Und doch hat man, Anando, schwieriger zu treffendes getroffen, wenn man 'Das
ist das Leiden' richtig durchdringen kann, 'Das ist die Leidensentwicklung'
richtig durchdringen kann, 'Das ist die Leidensauflösung' richtig durchdringen
kann, 'Das ist der Pfad zur Leidensauflösung' richtig durchdringen kann.»
(*136)
Diese Dinge sind in einer Meisterrede behandelt, die im Sattakakanipāto des
Anguttaranikāyo erhalten ist, No. 49, PTS No. 46. Bald nach der Einleitung heißt
es da: «Ein Mönch, ihr Mönche, der die Wahrnehmung der Unsauberkeit im Geiste
durchprüft, eingehend untersucht, dem wird das Gemüt abwendig vom Gedanken der
Paarung zu pflegen, schrumpft zusammen, dreht sich ein, dehnt sich nicht mehr
hervor: Gleichmut oder Ekel hält bei ihm an. Gleichwie etwa, ihr Mönche, eine
Hahnenfeder oder ein Bindfaden, ins Feuer geworfen, abwendig wird,
zusammenschrumpft, sich eindreht, sich nicht mehr hervordehnt: ebenso nun auch,
ihr Mönche, wird bei einem Mönche, der die Wahrnehmung der Unsauberkeit im
Geiste durchgeprüft, eingehend untersucht hat, das Gemüt abwendig vom Gedanken
der Paarung zu pflegen, es schrumpft zusammen, dreht sich ein, dehnt sich nicht
mehr hervor: Gleichmut oder Ekel hält bei ihm an.» Bei der Wahrnehmung des
Sterbens wendet sich das Gemüt des Mönchs von der Liebe zum Leben ab; bei der
Wahrnehmung von der Widerwärtigkeit der Nahrung vergeht ihm der Durst nach
Geschmack; bei der Wahrnehmung von der Freudlosigkeit an der ganzen Welt macht
er sich keine Gedanken mehr über die Welt; bei der Wahrnehmung der
Vergänglichkeit werden ihm Gaben, Ehre und Ruhm gleichgültig; bei der
Wahrnehmung des Leidens der Vergänglichkeit überkommt ihn, als ob ein Mörder mit
gezücktem Schwerte hinter ihm stände, ein heftiger Schauder vor Gemächlichkeit,
Trägheit, Sichgehnlassen, Ausspannen, sich nicht anstrengen, die Dinge nicht
gründlich betrachten; und wenn der Mönch die Wahrnehmung der Nichtigkeit des
Leidens im Geiste durchprüft und eingehend untersucht, wird ihm der Sinn, bei
allen äußeren Eindrücken auf diesen mit Bewußtsein behafteten Körper da, vom
Dünkel der Ichheit und Meinheit lauter werden, über die Zwieheit hinwegkommen,
zur Ruhe gänzlicher Freiheit eingehn. «Das sind, ihr Mönche, sieben
Wahrnehmungen, die, geübt und gepflegt, hohen Lohn verleihen, hohe Förderung, in
Unsterblichkeit eintauchen, in Unsterblichkeit überführen.» Vergl.noch Mittlere
Sammlung S. 367 Kakusandhos Ansprache an seine Jünger.